Kolping - was ist das?

Geschichtlicher Hintergrund

Der eine oder andere kennt das Stichwort, das seit wenigen Jahren durch die Presse geht: Industrie 4.0. Eine vierte industrielle Revolution stehe uns bevor, und es gelte, diese zu gestalten, die Chancen zu nutzen, mit den Risiken fertig zu werden. Welche Chancen und Risiken das sind, kann heute noch niemand genau sagen.

Ähnlich war das zu Beginn der ersten industriellen Revolution. Das Aufkommen der Maschinen versprach höhere Produktivität, neue Möglichkeiten, geringere Kosten. Doch noch während die großen Firmen entstanden, kamen schon die Probleme auf. In den vorhergehendenn Jahrhunderten hatte es Kriege, Hunger, Epidemien gegeben, doch die sozialen Verhältnisse waren bei all ihren Mängeln stabil gewesen. Nun aber kam es zu Umwälzungen. Menschen verließen ihre Heimat, die Abhängigkeit von der Scholle wurde eingetauscht gegen die Abhängigkeit vom Arbeitgeber, die industrielle Arbeit ließ das alte Nebeneinander von Erwerbsleben und Familie nicht mehr zu. Auch das alte Zunftwesen war zusammengebrochen. Das Zusammenleben der Gesellen mit den Familien ihres Meisters funktionierte nicht mehr. Ausbeutung war an der Tagesordnung, eine Lebensperspektive nicht mehr gegeben, Haltlosigkeit und Apathie charakterisierten das Leben.

 

Entstehung der Gesellenvereine

Diese soziale Not erkannte Adolph Kolping, junger Priester im Rheinland und im Bergischen, der selbst nach einer Schusterlehre über Jahre Geselle gewesen war, ehe er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachholte und Theologie studierte. Schon als Geselle auf Wanderschaft hatte er, der eine behütete, wenn auch arme Kindheit gehabt hatte, die Lebensverhältnisse der Gesellen kennengelernt und war davon entsetzt. In Elberfeld lernte er als Kaplan einen katholischen Gesellenverein kennen und wurde dessen Präses. Begeistert von den Möglichkeiten bat er den Erzbischof um Versetzung nach Köln, wo er einen neuen Gesellenverein gründete, der nach nur einem Jahr schon 550 Mitglieder zählte. Ähnliche Vereine entstanden in den folgenden Jahren vor allem in der Umgebung. Als Kolping 15 Jahre nach Gründung des ersten Vereins im Jahr 1865 starb, hatten diese Vereine über 24.000 Mitglieder.

Was waren die Ziele? Zunächst eine Unterkunft; darüber hinaus jedoch Möglichkeiten zur religiösen, fachlichen und politischen Bildung sowie zur Geselligkeit; dazu Krankenpflege. Auch durchreisende Gesellen fanden in den „Gesellenho spizen“ (später Kolpinghäuser) Obdach.

 

Kolpingverband

Schon 1850 gab es unter dem Namen „Rheinischer Gesellenbund“ einen ersten Zusammenschluss. Später hieß dieser Bund „Katholischer Gesellenverein“. Die stürmische Entwicklung führte noch vor Kolpings Tod zur Entstehung der Organisation auf lokaler, Bistums- und Landesebene. Mitglied werden konnten anfangs nur unverheiratete katholische Handwerksgesellen sowie Fabrikarbeiter mit handwerklicher Ausbildung. Dessen ungeachtet fanden sich Kolpinghäuser Ende des 19. Jahrhunderts schon in vielen europäischen Ländern, einerseits wegen der Auswanderer aus Deutschland, andererseits, weil es in den meisten Ländern gar kein katholisches Vereinswesen gab. Parallel bildeten sich Vereine ehemaliger Mitglieder, die ausscheiden mussten, weil sie geheiratet oder sich selbstständig gemacht hatten.

Weiterbildung, religiöse und politische Bildung blieben zentrale Aufgaben. Außerdem wurden Spar- und Krankenkassen gegründet. Damit positionierte sich der Verband auch in den aktuellen Fragen der Zeit (Sozialgesetzgebung, Kulturkampf). Er wurde als Teil, ja auch als Keimzelle der katholischen Sozialbewegung angesehen, die in der Sozialenzyklika „Rerum Novarum“ von Papst Leo XIII. einen ersten Höhepunkt fand.

Nach dem ersten Weltkrieg entstanden Verbände in anderen Ländern. Diese nahmen eine unabhängige Entwicklung mit eigenen Statuten. Jedoch wirkt das internationale Kolpingwerk als Klammer. Und auch das Logo, das stilisierte schwarze K auf orangenem Grund, das 1928 eingeführt wurde, ist gemeinsam.

Die Bezeichnung „Kolpingsfamilie“ gibt es seit 1871. Offiziell im Gebrauch ist sie seit 1935, als die Umbenennung nötig war, um einem Verbot im Dritten Reich zu entgehen. Dennoch kam es zu einer Einschränkung der Tätigkeiten, ähnlich wie später in der DDR.

Nach dem zweiten Weltkrieg gelang es nicht, an die Zeit vor 1933 anzuknüpfen. Zu sehr hatte sich die Arbeitswelt gewandelt. Es gab mehr Verheiratete oder beruflich Etablierte als ledige Gesellen. In der Folge gab es Beschlüsse zu weiteren Öffnungen. Seit den späten 1950er Jahren konnten (männliche) Jugendliche Mitglieder bei Jungkolping werden, und in den 1960er Jahren öffnete sich der Verband für Frauen und Mädchen. Bildungs- und Ferienwerke wurden gegründet, Angebote für Familien wurden ausgebaut, die Mitgliederzahlen stiegen wie auch die Zahl der Kolpingsfamilien. Diese Entwicklung ging von der Basis aus; in den Statuten spiegelte sie sich dann wider.

Heute ist der Anteil Jugendlicher im Kolpingverband genau wie in der Gesellschaft nicht mehr so hoch wie vor wenigen Jahrzehnten. Wieder muss einem Wandel Rechnung getragen werden.

 

Was macht Kolping eigentlich?

In der aktuellen Selbstdarstellung werden fünf Themen als Säulen der Tätigkeit benannt.

Junge Menschen werden mit Gruppenarbeit, Berufsvorbereitung, schulunterstützenden Angeboten der Bildungswerke und durch Jugendwohnheime für Schüler, die fern vom Elternhaus wohnen,  gefördert.

Familien nehmen teil am Leben der 2.600 örtlichen Kolpingsfamilien, die zum Teil auch Träger von Kindergärten, Kindertagesstätten oder Nachmittagsbetreuung an Schulen sind. Neben dem lokalen Bildungsangebot haben sie Zugang zu Familienferienstätten.

In der Arbeitswelt, dem alten Kerngebiet, ist Kolping neben dem traditionellen An gebot der beruflichen Fort- und Weiterbildung vor allem politisch engagiert. „Eine Welt“ ist die Überschrift für die Unterstützung weltweiter Projekte in über sechzig Ländern.

Der Glaube ist die Basis all dieser Tätigkeiten. Außer Exerzitien und Einkehrtagen ist hier das Engagement in den Pfarrgemeinden zu erwähnen, das unter anderem Bildungsangebote und Andachten umfasst.

Georg Bombeck

(aus RheinHit, November 2016 - Pfarrbrief der Gemeinde St. Aldegundis)

Die Abbildungen rechts illustrieren das Leitbild des Kolpingwerks Deutschland, das 2010 verabschiedet wurde.

 

(c) Kolpingwerk Deutschland